Der Online-Handel mit Nahrungsmitteln und Delikatessen boomt. Mit einer Wachstumsrate von 27,6 Prozent war er in Deutschland von allen Teilmärkten im vergangenen Jahr sogar der stärkste Treiber des Gesamt-Online-Umsatzes. Zum Vergleich: Der Internethandel insgesamt legte "nur" um 12,5 Prozent zu. Auch deshalb wollen Handelsunternehmen einer aktuellen Studie zufolge in den nächsten drei Jahren vor allem in ERP-Systeme investieren.
Ein Blick auf die Gesamtzahlen zeigt, wie viel Potenzial im online-Handel mit Lebensmitteln noch existiert. Denn während die Onlinehändler im Buchhandel, bei Elektronikartikeln oder Textilien bereits richtig gute Geschäfte machen, entfallen im Lebensmittelhandel bisher nur rund ein Prozent der Branchenumsätze von rund 170 Milliarden Euro auf das Internet. Andere Länder sind da schon deutlich weiter: In den USA, Großbritannien und Frankreich etwa lag der Anteil 2014 bereits zwischen 3 und 4,4 Prozent. Kein Wunder, dass viele Lebensmittelhändler ihre Investitionen in den Onlinehandel hochfahren. Denn in Deutschland steht der Markteintritt eines großen neuen Players bevor.
Amazon hat das Potenzial längst erkannt. Offenbar will der Internetriese nun schon im April dieses Jahres mit seinem Liefer-Service Amazon Fresh in Berlin starten, berichtet die Lebensmittelzeitung. Damit wird der Konkurrenzkampf nicht nur für die großen Supermärkte und Discounter größer, auch kleinere Lebensmittelhändler müssen auf den online-Zug aufspringen, wenn sie den Anschluss nicht verpassen wollen. Und auch die Produzenten selbst sind gut beraten, das globale Schaufenster für den Verkauf ihrer Produkte zu etablieren.
ERP als Erfolgsfaktor für Online-Handel mit Lebensmitteln
Die richtige Technologie wird hierbei mehr und mehr zum Erfolgsfaktor. Vor allem ERP-Systeme als technische Basis für den digitalen Einkaufswagen sind gefragt. Das bestätigt auch eine aktuelle Studie des EHI Retail Instituts. Demnach richtet sich der Investitionsfokus der Entscheider vor allem auf die Optimierung bzw. Erneuerung der ERP-systeme. So plant rund die Hälfte aller Handelsunternehmen, in den nächsten 3 Jahren in Warenwirtschaftssysteme zu investieren. Damit soll die technische Voraussetzung für Omnichannel-Strategien geschaffen werden. Beim Omnichannel werden die unterschiedlichen Vertriebskanäle wie stationär, online und mobil genutzt. Eine Kombination der Vertriebskanäle ist ebenfalls möglich, etwa beim Click & Collect Konzept: In dem Fall bestellen die Kunden online und holen sie anschließend im Geschäft bzw. der Filiale ab. Die derzeit implementierten IT-Lösungen reichten allerdings oft in puncto Performance, Flexibilität und Modularität nicht aus, so das Ergebnis der EHI-Studie.
Wolfgang, Stephan und Michael Otto dagegen sehen sich technologisch gut aufgestellt. Ihr Unternehmen OTTO-Gourmet hat sich auf den Online-Vertrieb von Premium-Lebensmitteln wie Kobe und Wagyu spezialisiert. Genau genommen gehörten die Brüder Otto in Deutschland zu den Ersten, die ihre Produkte auch online vermarktet haben. Die Basis hierfür bildet ein Magento-Webshop. Dieser ist über eine Schnittstelle an die ERP-Software von CSB-System angebunden. Die Anbindung berücksichtigt neben der Preispflege alle nahrungsmittelrelevanten Aspekte wie Gewichtsangaben, Mindesthaltbarkeitsdaten, Losgrößen und vor allem Rückverfolgbarkeit. Durch die direkte Kommunikation der CSB-Module mit dem Webshop ist sichergestellt, dass bei einer Bestellung automatisch die Verfügbarkeit der Artikel gewährleistet ist. So können unmittelbar nach Auftragseingang die Kommissionierung und der Versand angestoßen werden. „So garantieren wir schnellste Reaktionszeiten, was wiederum für eine überdurchschnittlich hohe Kundenzufriedenheit sorgt. Hierbei unterstützt uns das CSB-System mit integrierten Verfügbarkeitsprüfungen, auch unter Berücksichtigung der Lieferzeiten, die wir beachten müssen“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Otto.
Webshops für Lebensmittel werden wichtiger
Neben der IT-Unterstützung ist eine ausgeklügelte Logistik entscheidend dafür, dass der Lebensmitteleinkauf im Internet heute schon so erfolgreich funktioniert. Und auch zukünftig wird der Onlinehandel mit Lebensmitteln weiter an Fahrt aufnehmen, prognostizieren Experten. Für Dr. Oliver Marz, CSB-Key-Account Manager und Handelsexperte, könnte aber gerade ein Umdenken wichtig werden, auch in geographischer Hinsicht: „Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sollten sich in ihrer Strategie nicht mit den Großen vergleichen und nicht von Beginn auf an auf eine überregionale Logistik setzen.“ Diese sei sehr aufwändig zu organisieren und koste eine Menge Geld. Besser sei es, wenn sie ihre regionale und produktspezifische Nische auch im Webshop bedienten. „So können sie die Investitionskosten und die Marketing-Ausgaben für die Bewerbung ihres Shops gering halten. Genau das ist eines der Ziele, die wir mit aktuellen Förderprojekt RegioFood Plus verfolgen.“
Webshops werden also wichtiger. Aber auch der stationäre Handel wird digitalisiert. Amazon hat in Seattle unlängst einen voll automatisierten Supermarkt eröffnet, der zeigt, was heute schon möglich ist. Der Clou: „Amazon Go“ verzichtet vollständig auf Kassen, es wird nur per App bezahlt. Laut einem Bericht von Business Insider plant Amazon zudem, in den kommenden zehn Jahren bis zu 2.000 Lebensmittelläden in den USA zu eröffnen. Technologie, das steht fest, wird für Omnichannel ein wichtiger Erfolgsfaktor.