Die Digitalisierung ist zum Mainstream geworden - denkt man. Doch während große Foodbetriebe schon viele Prozesse mit Software-Tools verbessern und kostengünstiger gestalten, zögert ein Großteil der kleineren und mittleren Betriebe (KMU). Dabei können gerade sie von dem enormen Potenzial profitieren.
Wie stark die Digitalisierungsschere zwischen kleinen und großen Unternehmen auseinanderklafft, zeigt beispielsweise der Bitkom Digital Office Index 2018. Auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten wurden die befragten Unternehmen eingruppiert. Dabei steht 0 für „überhaupt nicht digitalisiert“ und 100 für „vollständig digitalisiert“. Betriebe mit mehr als 500 Mitarbeitern erreichten dabei einen Durchschnitt von 63 Punkten, dagegen schaffen Firmen mit weniger als 100 Mitarbeitern im Mittel nur 53 Punkte. Zu wenig, meinen viele Experten.
Es gibt Hürden bei der Digitalisierung von Lebensmittelbetrieben
Eine Erklärung für das vergleichsweise schlechte Abschneiden der KMU ist sicher, dass es beim Megatrend Digitalisierung mehr Fragen als Antworten gibt: Wie sieht die optimale IT-Infrastruktur aus? Welche Lösungen brauchen kleinere Betriebe wirklich, welche sind überdimensioniert oder noch Zukunftsmusik? Ein weiteres Hemmnis ist auch der von vielen befürchtete hohe Investitionsbedarf. Denn natürlich kostet smart zu werden zunächst einmal Geld. Erschwerend hinzu kommt, dass größere Digitalisierungsprojekte wie die Einführung einer komplexen ERP-Software viel Manpower benötigen, die dann im operativen Tagesgeschäft fehlt.
Digitalisierung von KMU in der Praxis
Wie Digitalisierung trotz aller Herausforderungen geht, zeigen die KMU aus dem Regio FoodPlus Projekt, einem Verbundprojekt mit Partnern aus den Bereichen Lebensmittelproduktion, IT, Verbänden, wissenschaftlichen Einrichtungen und Handelsunternehmen. Die Betriebe von Lienig Waldfrucht etwa oder die Lobetaler Molkerei haben bereits wesentliche Digitalisierungsschritte eingeleitet. Im Zentrum steht dabei immer das ERP-System, das als Basis der Digitalisierung genutzt wird. Damit soll der Datenaustausch zwischen den einzelnen Abteilungen verbessert, die Produktion effizienter gesteuert und die Zusammenarbeit mit dem LEH erleichtert werden.
Der eigene Kunde als Treiber der Digitalisierung
„Ich sehe eine zentrale Frage, die sich die KMU vor ihren Digitalisierungsaktivitäten stellen sollten“, sagt CSB-Vertriebsleiter Hermann Schalk. „Und die lautet: Was will ich mit meiner Initiative eigentlich erreichen?“ Hier gilt es, sich die Brille der eigenen Kunden aufzusetzen, denn diese sind letztlich ein wichtiger Treiber der Digitalisierung. Der LEH erwartet von seinen Lieferanten, dass sie EDI einsetzen, Rückverfolgungsdaten zur Verfügung stellen oder durch ein geschicktes Lagermanagement möglichst schnelle Lieferungen und lange Haltbarkeiten der Artikel garantieren. Wer dagegen direkt an die Verbraucher liefern will, braucht einen ansprechenden Webshop, der im Idealfall auf die Daten im ERP-System Zugriff hat. Erst danach, so Schalk, kommt die Frage nach der optimalen Ausrüstung. Sprich: Welche KMU-gerechte Soft- und Hardware gibt es, die nicht nur funktional und sicher, sondern auch einfach im Handling und darüber hinaus bezahlbar ist?
Auf Kernkompetenzen konzentrieren
Dies ist individuell so verschieden, dass man kaum allgemeingültige Tipps geben kann. Das richtige Setup jedenfalls erfordert eine ausgewogene Investition zwischen Infrastruktur (Server, Netzwerke, Cloud Services), Geräten (PCs, Tablets, Smartphones), Branchen-ERP (wie beispielsweise ein Basic ERP) und verwandten Diensten. Kleinere Betriebe sollten sich daher vor allem auf ihre Kernkompetenz konzentrieren und einfach zukaufbare IT-Leistungen extern beziehen. Beispielsweise eher auf Hosting setzen, Cloud-Software nutzen, und die IT für unternehmensspezifische Anpassungen verwenden. Fast noch wichtiger aber ist, dass man die Prozesse im eigenen Unternehmen perfekt versteht und so den Weg von offline zu online überhaupt gehen kann. Denn dieser Weg ist alternativlos.